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Ist die Bibel heute noch relevant?

Die Zeit ist schnelllebig. Vieles veraltet rasch. Aber die grundlegenden Fragen der Menschen sind heute noch die gleichen wie schon vor tausenden von Jahren. Selbst zentrale Voraussetzungen für das Denken und Handeln einer modernen, westeuropäischen Gesellschaft beruhen auf den Werten, die vor langer Zeit durch die Bibel gelegt wurden.

„Neue Problemlagen erfordern neue Lösungen“ oder „Die Menschheit von heute wird mit Methoden von gestern sicherlich nicht die Probleme von morgen lösen können“. Solche prägnanten Ausrufe spiegeln das Denken unserer Zeit. Sie machen deutlich, wie sehr unsere Gesellschaft vom Fortschrittsgedanken geprägt ist. Gerade in einer solchen Gesellschaft stellt sich die Frage, welchen Wert die Bibel für einen Menschen von heute noch haben kann. Denn schließlich sind die Denkschemen, Vorstellungen und Gebräuche, denen man beim Lesen der Bibel begegnet, einige tausend Jahre alt. Welche Antworten auf heutige Fragen lassen sich daraus überhaupt noch ableiten? Und tatsächlich werden die großen Themen unserer Zeit nicht erwähnt. Niemand macht sich in der Bibel Gedanken über Digitalisierung, Datenschutz oder fehlende Halbleiterchips. Dafür werden aber die großen Fragen des Lebens aufgeworfen: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wie sollen wir leben? Wonach lohnt es sich zu streben?

Zwei Arten von Fortschritt

Es ist wichtig, zwischen menschlichem Fortschritt und technischem Fortschritt zu unterscheiden. Während sich die Technik innerhalb der letzten fünfhundert Jahre atemberaubend schnell weiterentwickelt hat, ist der Mensch im Kern seines Wesens weitestgehend gleich geblieben. Wir verdanken dem technischen Fortschritt unter anderem Wohlstand, eine längere Lebenszeit und faszinierende Methoden, mit denen Wissenschaftler das Wissen um unser Universum vergrößert haben. Aber damit wurden die großen Fragen, die die Menschheit seit jeher bewegen, noch nicht abschließend beantwortet. Das wird sofort deutlich, wenn man die Themen, die heute auf Youtube häufig geklickt werden, mit der antiken Literatur vergleicht.

Die Bibel wirft die großen Fragen des Lebens auf: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wie sollen wir leben?

„Wer, mein Bruder Gallio, wünschte sich nicht ein glückliches Leben?“, fragte der Philosoph Seneca schon im ersten Jahrhundert nach Christus und zeigt dann gleich im nächsten Satz das Dilemma auf, in dem er sich und seine Mitmenschen sieht: „Aber um zu erkennen, was uns zum Lebensglück verhelfen kann, dazu fehlt uns der richtige Blick.“ Die Worte stammen aus Senecas Werk Vom glücklichen Leben. Es ist eine Art Anleitung zum Glück, mit der sich der Philosoph offensichtlich zuerst an seinen älteren Bruder Gallio wendet, aber auch allgemein seine Zeitgenossen anspricht. Dass diese Suche bis heute andauert, zeigt die Vielzahl an Youtube-Anleitungen zum Glück, eingestellt von Influencern und Life-Coaches. Das Medium und die Autoren haben sich zwar im Laufe der Zeit gewandelt, die menschliche Sehnsucht ist aber nach wie vor die gleiche.

Konstante Sehnsucht und die großen Fragen des Lebens

In seiner Philosophischen Gesprächsreihe stellte Richard David Precht im Jahr 2021 dem Youtuber Rezo die Frage: „Was ist für dich Wahrheit?“. Eine ganz ähnliche Frage wurde schon circa 2000 Jahre früher und etwa 3500 Kilometer südöstlich von Deutschland gestellt. Und zwar vom römischen Statthalter Pontius Pilatus in der israelitischen Provinz Judäa. Er richtete sich dafür an Jesus Christus selbst. Der gab ihm zur Antwort:

Ich bin in die Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeuge zu sein; dazu bin ich geboren

Die Bibel, Johannes 18:37

Die Frage nach Wahrheit und – eng damit verbunden – wem man etwas glauben kann, ist in Zeiten von Fake News und Faktenfindern nach wie vor aktuell und höchst relevant.

Klimaschutz braucht Moral – und die braucht Gott

Indirekt berührt die Bibel sogar die aktuell heiß diskutierten Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Aufgerufen wird dazu meist in Sätzen, wie sie zum Beispiel auf Muttermagazin.com zu finden sind: „…wir sind es unseren Kindern schuldig, so zu leben, dass diese eine gute und – wenn möglich – immer besser werdende Zukunft haben.“ Hier wurde kein Vorschlag formuliert, sondern an ein moralisches Pflichtbewusstsein appelliert. Der Unterschied ist, dass man einen Vorschlag frei annehmen oder ablehnen kann, während das Ablehnen einer moralisch gerechtfertigten Forderung ein allgemeingültiges, übergeordnetes Prinzip verletzt und eine gewisse moralische Schuld mit sich bringt. Wer sich so für Nachhaltigkeit und Umweltschutz einsetzt und sich damit nicht nur im gesellschaftlichen Trend, sondern auch allgemein im Recht sieht, der setzt voraus, dass wir in einer moralischen Welt leben. Nur dann kann Umweltschutz zu einem moralischen Gebot erklärt werden.

An diesem Punkt kommen gerade wir Europäer nicht mehr an der Frage nach Gott und dem, was die Bibel über Gott zu sagen hat, vorbei. Der Philosoph, Bioethiker und heute emeritierte Professor für Mathematik in Oxford, John Lennox, bringt das in kurzen Worten auf den Punkt:

„Logischerweise gibt es nur eine begrenzte Anzahl von möglichen Quellen für Moral. Traditionell war, zumindest in der westlichen Welt, Gott sowohl ihr transzendenter, höchster Garant als auch ihre Quelle. Wenn es keinen Gott gibt, bleibt uns als Quelle der Moral nur noch die bloße Natur und die Gesellschaft, oder eine Mischung aus beiden. Und hier beginnt das Problem.“

Dass sich weder in der Natur, noch in der Gesellschaft ein stabiles Fundament für die Moral finden lässt, legt Lennox anschließend in einem kurzweiligen Überflug der Philosophiegeschichte der letzten 250 Jahre dar [2].

Das klingt im ersten Moment vielleicht wie eine abstrakte Diskussion für den Elfenbeinturm, findet seinen Widerhall aber sehr nahe in unserem Alltag. Wenn wir zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheiden – sei es, um unser eigenes Handeln zu überprüfen oder unseren Kindern beizubringen, das eine zu tun und das andere zu lassen –, ist das ein moralisches Denken und Beurteilen. Warum es ohne Gott schwer ist, Menschen zu erklären, dass man einem moralischen Empfinden auch verbindlich nachgehen sollte, zeigt die Aussage von Vertretern einer rein atheistischen Weltanschauung wie Richard Dawkins. In seinem Buch Und es entsprang ein Fluss in Eden schreibt er: „Das Universum, das wir beobachten, hat genau die Eigenschaften, mit denen man rechnet, wenn dahinter kein Plan, keine Absicht, kein Gut oder Böse steht, nichts außer blinder, erbarmungsloser Gleichgültigkeit.“ Ihm zufolge gibt es in einem Universum ohne Gott, in dem allein die Naturgesetze den Lauf aller Dinge diktieren, gar kein Gut und Böse.

Dass selbst politische Instanzen beim Festlegen von moralischem Vorgehen nicht auf die Lehre von Gott, also auf Theologie, verzichten wollen, wird auch aus der Zusammenstellung des Deutschen Ethikrates sichtbar. Das Gremium fungiert als unabhängige Beratungsstelle für die deutsche Bundesregierung. Von den 26 Mitgliedern, die bei der letzten Neuzusammenstellung im Jahr 2020 gewählt wurden, sind insgesamt fünf Theologen.

Der große Unterschied

Die wichtigste Frage unseres Lebens ist leider auch die, die im Alltag schnell in den Hintergrund tritt: Was ist der Sinn des Lebens? Setze ich ihn mir selbst und bin vollständig meines Glückes eigener Schmied oder gibt es einen Schöpfer, mit dem ich in Beziehung treten kann und der auch gewisse Leitplanken setzt? Und ist der Tod der große Gleichmacher, nach dem für jeden nichts mehr kommt, oder gibt es nach den etwa 85 Lebensjahren auf der Erde tatsächlich noch mehr? Die Lebensplanung eines Menschen, der im Hier und Jetzt alles sieht, wird sich deutlich von der eines Menschen unterscheiden, der eine Hoffnung über dieses Leben hinaus hat.

Die Bibel positioniert sich zu diesen großen Fragen des Lebens. Sie sagt klar, dass es einen Schöpfer gibt. Sie sagt auch klar, dass wir in einer Welt mit moralischen Pflichten und moralischer Verantwortlichkeit leben. Sie sagt auch, dass das Glück eines Menschen mit seiner Beziehung zu Gott zusammenhängt.

Glückselig, die das Wort Gottes hören und bewahren!

Die Bibel, Lukas 11:18

Damit spricht sie auch die Menschen im 21. Jahrhundert an.

Quellen / Literatur

[1] Seneca: Vom glückseligen Leben. 2016, Nikol Verlagsgesellschaft, S. 7.

[2] Lennox, J.: Gott im Fadenkreuz: Warum der Neue Atheismus nicht trifft. 2013, SCM Brockhaus, S. 127ff