Ich würde nichts lieber tun, als euch eine Anleitung mit auf den Weg zu geben, die ein leidfreies Leben ermöglicht. Aber das gibt es leider nicht. Die Frage ist also: Wie gehe ich mit Leid um, ohne daran kaputt zu gehen oder dabei den Glauben zu verlieren?
In Johannes 11 lesen wir von einer Frau namens Marta, die schlimmes Leid erfährt. Sie hat ihren geliebten Bruder an eine tödliche Krankheit verloren und Jesus, der mit ihnen befreundet war, kam zu spät, obwohl sie ihn doch extra gebeten hatten, zu kommen. Sie glaubten doch, dass er helfen und Lazarus wieder heilen kann. Er hatte schon andere Leute geheilt, aber seinem Freund konnte oder wollte er nicht helfen.
In dieser Situation kommt Jesus nun in die Trauergemeinschaft und spricht zu Marta:
„Dein Bruder wird auferstehen!“, sagte Jesus zu ihr.
Die Bibel, Johannes 11:23-26
„Ich weiß, dass er auferstehen wird“, entgegnete Marta, „bei der Auferstehung am letzten Tag.
Da sagte Jesus: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.
Und wer im Glauben an mich lebt, wird in Ewigkeit nicht sterben. Glaubst du das?“
Im Gespräch mit Marta offenbart Jesus, welche Hoffnung Marta hat. Und zwar die Hoffnung, dass Ihr Bruder am Ende der Weltgeschichte wieder auferstehen würde. Aber jetzt bringt Jesus diese komische Aussage in Vers 25, dass er das Leben und die Auferstehung ist. Und Jesus fragt Marta, ob sie das auch glaubt. Eigentlich komisch, oder? Hat Marta nicht direkt im Satz davor gesagt, dass sie an die Auferstehung ihres Bruders glaubt?
Gott schenkt einen Perspektivwechsel im Leid.
Aber ich denke genau hier ist der springende Punkt, Jesus will uns, wie auch damals Marta, zu einem Perspektivwechsel verhelfen, weg von unseren Sorgen, unserer Trauer und Enttäuschung hin auf ihn, auf Jesus, damit wir nicht an unserem Leid kaputt gehen. Es geht bei Marta jetzt nicht mehr um die Auferstehung ihres Bruders irgendwann in der Zukunft, plötzlich geht es um das Hier und Heute, um eine Person, um die Person Jesus.
Es geht Jesus nicht um eine Vertröstung irgendwann in der Zukunft, nicht um ein billiges Trostpflaster, oder darum, kurz ein besseres Gefühl zu haben, es geht ihm um das Hier und Jetzt, die echte Lösung und echten Trost. Jesus will hier den Fokus von Martas Trauer, hin auf ihn selbst legen. Und ich bin überzeugt, dass Jesus Martas Leid nicht kleinreden will, er sagt hier nicht „Ach Marta, so schlimm ist das doch gar nicht, hab dich mal nicht so“. Er war selbst „ein Mann voller Schmerzen, mit Leiden vertraut.“ (vgl. Die Bibel, Jesaja 53:3). Nein, es geht ihm darum, Martas Blick auf noch etwas viel Wichtigeres zu legen, nämlich auf ihn. Jesus sagt hier, dass sie nicht seine Wunder braucht, sondern dass sie IHN braucht. Geht es uns nicht oft so, dass wir eher Gottes Eingreifen und seine Gaben lieben, statt Gott selbst? Aber im Angesicht des Leides brauchen weder Marta, noch du und ich die Änderung unserer äußeren Umstände, sondern wir brauchen Jesus.
Ich glaube, Gott, der uns gemacht hat, weiß sehr wohl, dass wir fühlende Wesen sind, er weiß, dass wir unter unserem Leid manchmal zusammenbrechen. Und er ist geduldig in unserer Verzweiflung und leidet mit uns mit (vgl. Die Bibel, Joh 11:33+38). Aber hier stehen wir in der Gefahr, in unserer Trauer stehen zu bleiben und deshalb brauchen wir diesen Perspektivwechsel.
Dieser Perspektivwechsel führt zu Frieden im Leid.
Genau dieser Perspektivwechsel führt bei Paulus dazu, dass er in Jesus einen „Frieden, der allen Verstand übersteigt“ (vgl. Die Bibel, Philipper 4,7), findet, obwohl er selbst schlimme körperliche und seelische Leiden durchlebt.
Wir leben im Spannungsfeld zwischen unseren Gefühlen und den Versprechen Gottes. In Matthäus 10,29f (NeÜ) lesen wir beispielsweise:
Ihr wisst doch, dass zwei Spatzen für einen Cent verkauft werden. Doch nicht einer von ihnen fällt auf die Erde, ohne dass euer Vater es zulässt. Und bei euch sind selbst die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Habt also keine Angst! Ihr seid doch mehr wert als ganze Schwärme von Spatzen.
Die Bibel, Matthäus 10:29f
Aber wir haben nicht nur seine Versprechen, auf die wir vertrauen können, er hat uns seine Liebe bereits bewiesen, indem Gott uns nichts vorenthalten hat und er in Jesus selbst alles durchlitten hat. Gott kennt also nicht nur das Leid, weil er halt Gott ist und alles weiß, sondern er hat es auch selbst in Jesus durchlebt, er weiß wie sich das anfühlt, er kann sich in uns hineinversetzen.
Aber nicht nur das, wir dürfen über alles mit ihm persönlich sprechen. Gott ist ein Gott der Beziehung und der Kommunikation und wir haben sein Versprechen, dass er uns hört. Timothy Keller schreibt dazu:
Leid drängt uns zu Gott zu beten, wie wir es sonst nie tun würden. Anfänglich oft trocken und schmerzhaft, kann es aber zu tieferem Verständnis und zu größerer göttlichen Liebe und Freude führen, wenn wir an Gott festhalten.
Und nicht zuletzt haben wir das riesige Privileg, uns in christlicher Gemeinschaft gegenseitig zu tragen und zu ermutigen. Historische Quellen berichten, dass schon die frühen christlichen Gemeinschaften gute Orte für Leidende waren, weil sie Orte einzigartiger Sympathie und Unterstützung waren. Und auch 2000 Jahre später ist das Evangelium, durch Geschwister zugesprochen und gelebt, fähig uns Trost zu geben, den die Welt und unsere Kultur einfach nicht geben kann.
Oft gibt uns Gott keine Antwort auf die Frage: “Warum”. Aber weil wir wissen, dass alles in seiner Macht ist, er das letzte Wort hat und dass er uns zu diesem Perspektivwechsel verhelfen kann, können wir selbst in unserem Leid Frieden finden, der unseren Verstand übersteigt und das kann eine Teilantwort auf diese komplexe Frage sein. Glaubst du, dass dieser Gott, der vertrauenswürdig ist, weil er alles, was er hatte, für uns aufgegeben und selbst alles erlitten hat, dass er es wert ist, dein Leid (mit ihm) zu durchleben?